Kardinalfehler bei der Honigernte

Hallo Forum -

seit gestern hab ich das erste Mal ein richtiges Problem mit meinen beiden Bienenvölkern - und bin noch dazu selbst daran schuld.

Ich habe es herbeigeführt, dass eine riesen Räuberei zwischen meinem altetablierten Bienenkistenvolk und dem letztes Jahr hinzugekommenen Einraumbeutenvolk entstanden ist.

Ich hatte schon von Anfang an Bedenken, die Einraumbeute in der Nähe der Bienenkiste aufzustellen, aber als ich letztes Jahr überraschend diesen Schwarm eingefangen habe, kein anderer Abnehmer auf die Schnelle zu finden war und ich auch nach längerem Nachdenken im Garten keinen anderen gut geeigneten alternativen Platz finden konnte hab ich die Einraumbeute nur mit ca. 1,5 Meter Abstand von der Bienenkiste aufgestellt.

Beide Völker sind heuer sehr stark, die Bienenkiste war komplett ausgebaut und aus dem Honigraum habe ich letzte Woche 24 kg an Gewicht entnommen (Honigwaben + Oberleisten).

Schon bei dieser Ernte hatte ich die Befürchtung, dass der Geruch der offenen Honigwaben in der Bienenkiste das Nachbarvolk verleiten könnte auf Raubzug zu gehen. Ich habe also zeitig in der Früh begonnen zu ernten und mich bemüht rasch und sauber zu arbeiten und danach alle Utensilien rasch wegzuräumen.

Der langen Rede kurzer Sinn - es ist gut gegangen - alles blieb friedlich - bei der Bienenkiste gab es kein Problem.

Dieses Wochenende hab ich in der Einraumbeute geerntet - auch hier war bis auf zwei Rähmchen alles ausgebaut und auf der dem Flugloch abgewandten Seite waren reichlich verdeckelte Honigwaben ohne Brut zu finden.

Ich habe beschlossen insgesamt zwölf Rähmchen in der Beute zu lassen, in der Meinung, dass sich damit die Überwinterung auf eigenem Honig gut ausgehen sollte. Soweit so gut - auch in der Einraumbeute war bei den zu entnehmenden Rähmchen leider einigermaßen Wildbau (alles reiner Naturbau ohne Mittelwände) zu finden, deshalb hab ich die Rähmchen am Abend davor voneinander getrennt, in der Hoffnung, dass die Bienchen über Nacht die Schäden reparieren und die Rähmchen am nächsten Morgen dann einzeln geerntet werden können.

Das hat auch recht gut funktioniert - nur sind mehrere Wabenteile nach der Trennaktion auf den Boden der Beute gefallen, die waren bei der Ernte klebrig und voller Bienen und entsprechend schwer herauszuholen. Die Mellifera Wabentransportkiste war mit vollen Rähmchen rasch gefüllt und es waren nachdem ich die Waben abgefegt hatte auch nur sehr wenige Bienen in der Erntebox.

Dann habe ich etwas umgesetzt, was ich mir tags zuvor überlegt hatte und für eine schlaue Idee hielt - ich habe vor das Flugloch unten an der Wabentransportkiste eine Bienenflucht montiert in der Hoffnung, dass die wenigen verbliebenen Bienen dort herauskommen und in ihren Stock zurückkehren können. Deshalb ließ ich die volle Erntebox auch vorläufig noch in der Nähe der beiden Beuten stehen.

Das war ein riesengroßer Fehler!

Nach zwei Stunden war bei der Erntebox alles schwarz von aufgeregten Bienen, die Bienenflucht verkehrt herum zu durchqueren war anscheinend kein Problem. Ich hab die Kiste mit einem Gänseflügel abgefegt und dann so gut wie möglich alle Bienen aus der Box herausgelassen - die Bienen waren entsprechend wütend.

Dann kam die Box sofort in den Keller und ich dachte die Sache wäre nun ausgestanden. Jetzt ging das Drama aber erst richtig los - die Bienenkistler - ein in Räuberei nicht unerprobtes Volk - fanden in Kürze den Ursprung der Honigquelle und gingen mit der kompletten Mannschaft auf Raubzug in die Einraumbeute.

Am Abend hatte die Bienenkiste schon um 2 kg zugelegt, ich habe das leider erst heute Früh bemerkt, weil ich gestern ab Mittag bis spät in der Nacht nicht mehr vor Ort war.

Heute Früh beim Blick auf die Stockwaage wusste ich sofort was los ist und ein Blick auf die Fluglöcher hat es natürlich bestätigt. Wilder Luftverkehr zwischen beiden Beuten - jetzt war Not am Mann. Ich habe das Flugloch der Einraumbeute inmitten des Kampfgetümmels mit einem Fluglochstopfen extrem verkleinert und einen Zweig mit Blättern davorgelegt.

Vielleicht hätte ich es komplett schließen sollen aber bei uns sind heute 35°C angesagt. Ohne kompletten Schutz hätte ich einiges abgekriegt, die wütende Meute hat mich danach noch einige Zeit im Garten verfolgt. Dann musste ich in die Arbeit - aktuell zeigt der Blick auf die Stockwaage, dass die Bienenkiste zwar gebremst aber immer noch stetig um ca. 100g pro Stunde zulegt, gestern Abend waren es zur Spitzenzeit noch 1 kg pro Stunde. Aktuell haben sie der Einraumbeute schon ca. 3,7 kg abgenommen.

Jetzt stellen sich mir die folgenden Fragen:

  • Ist die Einraumbeute noch zu retten?
  • Wird bei solchen Räubereien üblicherweise die Königin des überfallenen Volkes getötet?
  • Wäre es am besten die Beute in der Nacht komplett zu schließen und zu versuchen sie an einen anderen Ort außerhalb des Flugkreises aufzustellen?

Ich bin mir sehr bewusst, dass ich (schön formuliert) nicht sehr klug gehandelt habe und es tut mir unendlich leid, dass ich mein wunderbares Einraumbeutenvolk den räuberischen Bienenkistlern ans Messer geliefert habe.
Wenn es möglich ist bitte mich dafür im Forum nicht allzu exzessiv zu bashen.

Dies alles musste ich mir jetzt einfach einmal von der Seele schreiben.

Hartmuth

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Bastel dir einen Fluglochdeckel wo nur 2 Bienen durch passen und verschließe damit deine Einraumbeute. Dann sollte die Räuberei aufhören.

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Ja, die Idee den so herrlich duftenden Honig stehen zu lassen, war nicht so gut! Echter Mist, was dann passiert ist! Und ich würde es eventuell auch den „Bienenkistlern“ durch Verkleinern des Einflugs schwerer machen so wild hin und her zu transportieren. Ob´s was hilft??? Aber versuchen kann man es ja!
LG Mani

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Ich finde es toll, dass du die Sache so erzählst, wie sie gelaufen ist, Fehler machen wir alle - nur manche geben sie zu und manche nicht! :slight_smile:

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Danke für den Rat, ich hab das jetzt mal sofort gemacht und werde morgen berichten ob es funktioniert.

Bei der Einraumbeute ist der seitliche Lüftungsschlitz offen und auch die Luftlöcher am Boden.
Es ist aktuell kein Trennschied eingebaut.

Wir hatten heute über 34°C und morgen wird es ähnlich sein, die Beute steht tagsüber während der größten Hitze abgeschattet - ich hoffe dass es den Bienen darin nicht zu heiss wird.

Hallo Mani, es ist sehr nett von Dir, dass Du an der Sache etwas Gutes findest.

Mir passiert dieser Fehler in diesem Leben sicher nicht noch einmal.

Ich dachte mir, sollte jemand hier im Forum auf eine ähnlich „geniale“ Idee kommen wie ich zuletzt, dann weiß er schon im Vorhinein was dabei herauskommen wird.

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Ich hätte die ausgeräuberte Beute sofort aus dem Flugradius geschafft. Dafür ist es jetzt wohl zu spät. Würde mich wundern, wenn da noch was zu retten ist.

Berichte mal bitte was die Fluglichverkleinerung gebracht hat. Igendwie kann ich mir nicht vorstellen, dass die eine wirksame Verteidigung aufbauen können. Hoffentlich irre ich mich.

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Lieber Hartmuth.
Vielen Dank, dass du hier so offen berichtest, so können auch wir alle mit lernen.
Tut mir echt leid, wie das gelaufen ist.

Zwei Imker, drei Meinungen:
Mein Pate meint, er verstellt in solch einem Fall das räuberische Volk für mindestens eine Woche „weit weg“.

Mich beunruhigt durchaus, dass er die Situation offensichtlich schon mehrfach hatte. Da gefällt mir deine Zuversicht schon besser, dass du nicht vorhast, diesen Fehler nochmal zu machen. :slight_smile:

Grüße Thomas

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Hallo Hartmuth, Danke auch von mir für deinen Bericht. Darauf, dass eine Bienenflucht entgegen ihrer Funktion dann doch in zwei Richtungen funktioniert muss man ja auch erst mal kommen. Sehr wertvoll, dies zu teilen.
Ich drück deinem ERB Volk die Daumen!
Andra

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Hallo Andra,

vielen Dank für Deinen Beistand in den Stunden der Not.

Ich habe im Zuge dieser Honigernte erstmalig eine Bienenflucht verwendet und war auch überrascht.

Vielleicht gibt es ja ausgereiftere Modelle als jenes, welches ich schon längere Zeit bei mir herumliegen hatte (siehe Fotos).


Ich hatte die Bienenflucht jedenfalls seitenrichtig montiert und konnte beobachten wie Bienen diese danach in beide Richtungen durchquerten.

PS.: Mit heute Vormittag ist vorerst mal Schluss mit dem Honigraub - die ERB wurde am Morgen aber von einer ganzen Menge Bienen belagert - ausgestanden ist die Sache also für das ERB-Volk und für mich leider noch nicht.

Lieber Hartmuth @Naturfreund,

zunächst mal tut es mir sehr leid, was Dir und Deinen Bienen da gerade widerfährt. Und meinen allergrößten Respekt, dass Du Deinen Fauxpas hier so offen berichtest. Auch, damit andere daraus lernen können. Das trauen sich, glaube ich, die wenigsten! Das finde ich toll und sehr vorbildlich! :clap:

Ich würde Dir noch den Tipp geben, einen buschigen Zweig mit viel Blättern vors Flugloch zu legen oder zu hängen. Die „heimischen“ Bienen finden ihren Weg drumherum, und die räuberischen Bienen haben es schwerer und lassen sich (hoffentlich) etwas irritieren und einbremsen. Der Tipp hatte bei mir vor ein paar Jahren schon mal geholfen!

Liebe Grüße und viel Erfolg wünscht Dir
Michael

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Lieber Michael,

vielen Dank auch Dir für den seelischen Beistand.

Ich habe gestern auch gleich einen solchen Zweig vor das Flugloch gelegt, damit man das kleine Flugloch sehen kann habe ich das Foto aber ohne ihn gemacht.

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Wenn Räuberei auftritt, sollte man an der Beute welche ausgeräubert wird sofort das Flugloch schließen und diese wegstellen.
An den Standort kommt eine komplett leere Beute damit die Räuber sehen hier ist nichts mehr zu holen. Läst man die ausgeräuberte Beute mit zuhem Flugloch stehen suchen sich die Räuber ein anderrs Opfer.

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Gestern Vormittag hatte es noch den Anschein, als ob die Räuberei vorläufig beendet wäre, die Stockwaage zeigte beim räubernden Volk keine Gewichtszunahme mehr an.

Am Nachmittag hat sich dieser Trend aber wieder geändert, durch das verkleinerte Flugloch beim beraubten Volk ging der Honigabtransport aber deutlich langsamer als zu Beginn vonstatten.

Der Luftraum um die Beuten war bis am Abend voll mit aufgeregten Bienen.

Ich habe daher die ERB in der Nacht auf heute zugemacht und außerhalb des Flugkreises neu aufgestellt.

Heute Früh war die Lage am ursprünglichen Aufstellungsort schon wieder ziemlich entspannt.

Dankbar wäre ich für Tipps wie ich die Lüftungsöffnungen bzw. das Flugloch der ERB am neuen Aufstellungsort am besten einstellen soll, damit die Beute dort nicht gleich wieder von anderen Völkern angegriffen wird.

Jetzt kann ich nur hoffen, dass die Strapazen für dieses Volk nicht zu groß waren und dass es sich in den nächsten Wochen wieder regeneriert - Honigvorräte sind trotz des Verlustes von ca. 4-5 kg jedenfalls noch reichlich im Stock vorhanden.

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Das klingt doch schon mal sehr vielversprechend! :slight_smile:

Die Lüftungsöffnungen sollten wieder alle komplett offen sein! Sie tragen ja zur Klimatisierung der Beute bei und gerade bei den derzeitigen Temperaturen würde ich sie nicht geschlossen lassen.

Das eigentliche Flugloch würde ich weiterhin klein halten, damit Dein Volk sich wirksam verteidigen kann. Aktuell besteht aber keine (akute) Gefahr der Räuberei mehr, denn am neuen Standort sind ja keine Schwärme von Räuberbienen mehr unterwegs. Jedoch würde ich das Flugloch nicht mehr ganz so klein wie oben gezeigt halten. Dein Volk soll ja jetzt wieder in den „Normalbetrieb“ zurück gelangen. Also verkleinere das Standardflugloch zum Beispiel auf 1/4 oder 1/3 der Fläche.

Weitere Anregungen zur Fluglochverkleinerung in der Einraumbeute kannst Du übrigens hier finden:

Weiterhin viel Erfolg wünscht Dir
Michael

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Lieber Michael,

danke für Deinen Hinweis.

Ich habe inzwischen schon einen ganzen Satz an Fluglochstopfen mit Anpassungen für verschiedene Anforderungen (Schutz gegen Räuberei, Mäuseschutz, etc.)

Ich habe aktuell in der ERB kein Trennschied eingesetzt, es sind jetzt nach der Ernte noch zwölf Rähmchen in der Beute.

Die seitliche Lüftungsöffnung habe ich verschlossen, die Belüftungsöffnungen im Bodenbrett sind ebenso wie das Flugloch offen.

Wir haben noch bis Ende dieser Woche hohe Temperaturen bis ca. 36°C.
Ich schwanke zwischen den Extremen „alles zumachen“ bzw. ausreichend belüften.

Daher auch meine Bitte um Ratschläge der ERB-Erfahrenen.

Mit dem Umstellen der Beute ist die Räubergefahr gebannt. Ich würde das Flugloch normal gross offen lassen und auch eine Öffnung am Boden, oder Seite öffnen. Schau mal, was die Königin macht. Würde mich nicht wundern, wenn das Volk weissellos ist. Dann brauchst du eine neue Kö.

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Danke auch Dir für Deine Unterstützung.

Sollte keine Königin mehr im Volk sein, wie stehen dann die Chancen dass es sich mit Nachschaffungszellen selbst helfen kann?

Die Räuberei hat vermutlich am Sonntag nach Mittag begonnen.

Nachschaffung dauert viel zu lange. Eine neue Kö ist erst in einem Monat legebereit. Erst im Oktober schlüpfen dann die ersten neuen Arbeiterinnen.

Wenn die Kö fehlt, setze am besten eine begattete hinzu. Die legt dann sofort.

Aber schau erstmal was los ist.

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Danke auch von mir für deine „Wahrheit“!

So pauschal kann dir da keiner eine Lösung bieten.
Das muss man so versuchen, wie du es schilderst, Lösungen probieren, einen Ausweg suchen. Einen der Kontrahenten wegstellen ist natürlich die beste Lösung, aber was kommen dann eventuell für Räuber?
Die Sache spricht sich ja bei den Räubern rum …
Einen menschlichen Räuber würde ich natürlich bestrafen, bei den Tieren gelten andere Regeln …

Vielleicht ist es jetzt auch am besten, nur ein starkes Volk (den Räuber), versuchen einzuwintern und gut zu nüberwintern.
Weiter beobachten und eventuell reagieren (anpassen), der Naturfreund kann das!
Uns bitte weiter informieren, wir wollen ja alle daraus lernen.

Alles Gute vom Rolf

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