Neues Tierarzneimittelgesetz (ab 28.1.2022)

Hallo zusammen,
mich beschäftigen die neuen Regelungen auch… - und ich bin mir inzwischen leider gar nicht mehr sicher, was ich den Mitgliedern meiner Regionalgruppe mit auf den Weg geben soll. :unamused:

Gelten die Vorschriften für alle Tierhalter*innen oder für diejenigen, die Produkte in den Verkehr bringen?
Liebe Katrin, Du beginnst den Artikel mit „Das neue Tierarzneimittelgesetz (TAMG) gilt für alle Bienenhalter*innen in Deutschland, die Lebensmittel in Verkehr bringen – und dazu gehört jede Weitergabe an Dritte, so also auch das Verschenken von Honig.“ So hätte ich es auch interpretiert, weil nach §1 Zweck des Gesetzes ist es, für den sicheren Verkehr mit Tierarzneimitteln und veterinärmedizintechnischen Produkten zu sorgen und die Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit von Tierarzneimitteln und veterinärmedizintechnischen Produkten zu gewährleisten.

Andere Bienenmenschen haben mir aber §50 geschickt, hier ist von allen Tierhalter*innen die Rede…

Nach meinem Rechtsverständnis steht der Geltungsbereich eines Gesetzes/einer Verordnung immer an oberster Stelle - also im §1.

Jetzt kamen hier am Niederrhein noch zwei Fragen auf, die ich auch erstmal hier stellen möchte - bevor ich wiederholt etwas verbreite, was dann doch nicht stimmt:
Dürfen während der Übergangsfrist (2027) zum TAMG noch alle bisher erlaubten Verfahren angewendet werden? Gilt die Dokumentationspflicht mit Bestandsbuch in jedem Fall ab sofort oder erst nach der Übergangsfrist?

Besten Dank für Eure Kommentare.

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@Bridsh - das habe ich oben auch schon gefragt

Herzlich willkommen im Forum, liebe Britta @Bridsh! :slight_smile:

Ich versuche mal, Deine Fragen mit Hilfe des weiter oben verlinkten und auch im Mellifera-Blog genannten Infobriefs des LAVES-Bieneninstituts vom 2. Februar 2022 zu klären:

Im Infobrief wird dazu zunächst Folgendes gesagt:

Die Verordnung (EU) 2019/6 umfasst neue Bestimmungen zu den Zulassungsverfahren und Maßnahmen nach der Zulassung, der Herstellung, der Ein- und Ausfuhr, der Abgabe, der Anwendung von Tierarzneimitteln, sowie zu Sanktionen und Beschränkungen. Die Verordnung gilt unmittelbar seit dem 28.01.2022 in allen europäischen Mitgliedsstaaten.

Die Verordnung ist also bereits vollständig in Kraft. Eine Übergangsfrist gilt dabei offenbar ausschließlich für die bislang zugelassenen Varroazide:

Die bislang so zugelassenen Varroazide dürfen jedoch mit einer Übergangsfrist bis zum Jahre 2027 weiterhin in der Praxis angewendet werden.

Das bedeutet, dass alles andere in der Verordnung ab sofort gilt. Weiter heißt es:

Wichtig! Alle Tierarzneimittel dürfen zudem nur gemäß ihrer spezifischen Zulassung angewendet werden.
Dem widmet die neue EU-Verordnung einen extra Passus unter dem Artikel 106 (1). Dort heißt es „ Tierarzneimittel werden in Übereinstimmung mit den Zulassungsbedingungen angewendet.“ Konkret bedeutet das für die imkerliche Praxis, alle Varroazide und damit auch die freiverkäuflichen dürfen nur zulassungskonform angewendet werden.

Für mein Verständnis heißt das, wenn in den Zulassungsbedingungen eines Tierarzneimittels ein bestimmtes Verfahren benannt wird, dann - und nur dann - darf es weiterhin angewandt werden. Das heißt im Umkehrschluss, dass beispielsweise die Schwammtuchmethode ab sofort verboten ist, weil sie offenbar in der Zulassung der Tierarzneimittel nicht ausdrücklich benannt wird, wie der DIB mitteilt.

Ab sofort. Weil die im TAMG genannte Übergangsfrist bis 2027 nur für die Anwendung „bislang so zugelassener Varroazide“ gilt (siehe oben), besteht die Dokumentationspflicht bereits seit Inkrafttreten der Verordnung am 28.1.2022.

So habe ich das neue TAMG verstanden, was auch die Lesart im Imkerverein sowie im laufenden Mellifera-Seminar ist. Wie seht Ihr das?

„Das neue Tierarzneimittelgesetz (TAMG) gilt für alle Bienenhalter*innen in Deutschland, die Lebensmittel in Verkehr bringen – und dazu gehört jede Weitergabe an Dritte, so also auch das Verschenken von Honig."

Hallo ihr alle, die Frage ist doch auch: Wenn ich Honig nicht verkaufen und verschenken will, wenn ich den Honig also nur für mich verwende, muss ich dann die Auflagen des TASG auch erfüllen???
LG mani

@mani1955 - das war auch meine Frage, siehe oben:

Ich bin gespannt, ob und wie man das in Erfahrung bringen kann

Ich führe schon sehr lange Stockkarten für meine beiden Bikis, hier trage ich auch alle
Behandlungen mit AS oder Oxalsäure ein - Menge und auch Zeitpunkt sowie die Charge-Nrn.Ich beziehe die Azneimittel über meinen Imkerverein und habe somit auch immer einen Nachweis über die Bezugsquelle. So habe ich den Überblick und gleichzeitig die jetzt gültigen gesetzlichen Vorgaben erfüllt, da ich doch ab und an Honig verschenke.
Für mich stellen die neuen Anforderung somit kein Problem dar und auch die Schwammtuchbehandlung kommt sowieso in der BiKi nicht zum Einsatz.

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Der Vollständigkeit halber hier der Originaltext des Tierarzneimittelgesetzes, falls jemand mal direkt ins Gesetz schauen möchte:

https://www.gesetze-im-internet.de/tamg/

Und als PDF (53 Seiten):

Hier findet Ihr folgende Paragrafen:


Ja, es bleibt leider weiterhin vieles unklar oder ist zumindest nicht eindeutig zu beantworten. Wer kann da wohl Licht ins Dunkel bringen?

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Meine Lieben,

bitte entschuldigt, wenn ich einige von euch durch meinen einleitenden Satz, der sich darauf bezog Lebensmittel in Verkehr zu bringen, verwirrt habe. Da „Lebensmittel in Verkehr bringen könnten“ es nicht besser macht, habe ich die ganze Passage jetzt entfernt, denn ja, das TAMG gilt für alle Bienenhalter*innen.

Die Biene wird dort nicht als Haustier gesehen wie Hund und Katze, nicht als Wildtier (wie das Bienenvolk im hohlen Baum im Wald oder wenn zivilrechtlich darauf geschaut wird, wer evtl. verantwortlich sein könnte, wenn jemand gestochen wurde - (i.d.R. nämlich nicht der oder die Imker*in)) sondern als Nutztier, welches grundsätzlich der Lebensmittelproduktion dienen könnte und traditionell auch dient.
So beschreibt es auch der Artikel vom 11.03.2020: https://www.bienenjournal.de/imkerpraxis/ratgeber/bienen-halten-was-gilt-rechtlich/

So dürfen bei Honigbienen gemäß Arzneimittelgesetz nur zugelassene Medikamente eingesetzt werden. Bei diesen Medikamenten muss wiederum auf die korrekte Anwendung geachtet werden. Auf diese Weise sollen nicht nur die Bienen geschont und die Wirksamkeit der Medikamente gewährleistet werden, sondern auch die Rückstandsfreiheit des Honigs. Die Regelungen gelten auch dann, wenn man keinen Honig von den Bienen ernten möchte.

Das kann ich akzeptieren, weil ich mich bewusst als Bienenhalterin sehe, die eine Kulturbeziehung mit den Bienen pflegt, in der auch das Ernten von Honig und das Teilen der Freude darüber vorkommt.

Immerhin: Dass behandelt werden muss, steht in §15 der Bienenseuchenverordnung (BienSeuchV):

(1) Ist ein Bienenstand mit Varroamilben befallen, so hat der Besitzer alle Bienenvölker des Bienenstandes jährlich gegen Varroatose zu behandeln, soweit nicht eine Behandlung nach Absatz 2 angeordnet worden ist.

Wenn es dann um die Art der Behandlung und deren Dokumentation geht, kommt das TAMG zum Zuge.
Dass die Dokumentationspflicht bereits gilt und auch für alle Bienenhalter*innen, hat ja auch @EmmBee Emmbee etwas weiter oben bereits geklärt.

Bei Schwammtuch legitim oder verboten sehen wir unterschiedliche Lesarten und erleben einen Streit der Gelehrten, was wohl mit Gesetzen inklusive kommt, denn üblicherweise werden auch sie vor Gericht „ausgelegt“.

Da ich die juristische Interpretation derzeit nicht sehe, lautet mein Fazit: Schwammtuch irgendwie… schwammig :grin:, aber wir bleiben bei unserer Auslegung: Vermutlich als frei verkäufliches Arzneimittel in der Übergangsphase legitim.

Lasst uns weiter austauschen im Bemühen, mit den Bienen respekt- und verantwortungsvoll zu leben und mit seinen Parasiten einen ebensolchen Umgang zu finden. Und da könnte evtl. das Schwammtuch mit weniger AS mehr Gutes tun als der Nassenheider.

Ich lass also jetzt mal die Juristen hier weiterschreiben und gehe raus zu den Bienen, mit zweifelsfrei zugelassenen Nassenheider Verdunstern… :wink:

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Löffler und Lorenz beschreiben, was besser ist, der DIB beschreibt, was gesetzeskonform ist.
Das muß nicht das gleiche sein. Insofern besteht kein Widerspruch.

Danke Heiner, das war sehr lehr- und hilfreich!

Ja, ich glaube jetzt sind (bei mir) alle Unklarheiten ausgeräumt!!! Dafür „Danke“!
mani

Das Fachzentrum Bienen und Imkerei Rheinland-Pfalz sieht die Schwammtuchmethode offensichtlich als legal an, denn sie empfiehlt Folgendes im „Infobrief 2022_22 Varroakontrolle und Behandlung“ (12. August):

Bleibt es aber so heiß und es muss trotzdem dringend behandelt werden, kann an einzelnen, günstigen Tagen die Schwammtuchmethode als „Notbehandlung“ eingesetzt werden. Das Verdampfen von Ameisensäure mit Schwammtuch soll über einen Zeitraum von 12 Tagen viermal durchgeführt werden. Dabei hat man etwas Spielraum, was den Behandlungsrhythmus betrifft . Ist die Temperatur an einem Tag zu hoch, wird das Schwammtuch an einem günstigeren Tag eingelegt oder bei warmen Nächten über 20°C auch abends. Bei der Schwammtuchmethode wird die Säure immer gekühlt verwendet. Sie kann vor der Anwendung in den Gefrierschrank gelegt werden.

Siehe

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Ab 2027 sind dann nach dem TASG auch der Einsatz folgender Mittel verboten: „Das gilt für alle Varroazide, die mit dem Zusatz „ ad us. vet. “ (zum tierärztlichen Gebrauch) gekennzeichnet sind: Ameisensäure 60 %, Formivar® 60 %, Milchsäure 15 %, Oxalsäure-dihydrat-Lösung 3,55 (m/V) und Oxuvar® Oxalsäuredihydrat-Lösung 3,5 % (m/V).“
Außer die Pharma Firmen stellen bis 2027 neue Zulassungsanträge für diese Mittel und erhalten diese auch: „Aus dieser Situation heraus bedarf es deshalb entsprechender Zulassungsanträge von Firmen, die zukünftig Varroazide für die Imkerei vertreiben wollen.“

Also dürfen ab 2027 eventuell auch der Nassenheider und weitere Ameisensäure Verdampfer sowie Oxuvar und Formivar nicht mehr angewendet werden.
Ich schreibe das, weil ich darüber und über die Folgen ab 2027 bisher noch nicht weiter nachgedacht habe.
mani

@Katrin
ich bin keine Jurist - hier nur wie es das
image
Rheinland-Pfalz beurteilt: Anwendung Schwammtuch

Behandlung Erläuterung
AS60 Kurzzeit unten Schwammtuch-Behandlung von unten *)
Für diese Behandlungsform liegt derzeit keine Zulassung vor!
AS60 Kurzzeit oben Schwammtuch-Behandlung von oben *)
Für diese Behandlungsform liegt derzeit keine Zulassung vor!

Neuere Infos zur Behandlung mit Ameisensäure - auch mit Schwammtuch (Quelle Bienen & Natur): https://www.bienenundnatur.de/aktuelles/ameisensaeure-zulassung-varroa-behandeln/?utm_source=instagram&utm_medium=linktree&utm_campaign=organisch&utm_content=account

Das Arzneimittel-Unternehmen Serumwerk Bernburg AG erhielt am 15.11.2022 eine Einzelzulassung für 60 %-ige und am 02.12.2022 für Oxalsäure 40 mg/ml…
In der Einzelzulassung ist die Lang- und Kurzzeitbehandlung beschrieben. Die Langzeitbehandlung wird mit Nassenheider oder Liebig-Dispensern durchgeführt. Bei der Kurzzeitbehandlung (Stoßbehandlung) wird ein Schwammtuch verwendet. Dieses ist dann offiziell als Behandlungsmethode zugelassen

Hmmm, was ist denn an den Präparaten mit der Zulassung anders als bei denen die jetzt im Handel sind :thinking:
Ich hätte ja gedacht AS 60% ist AS 60% :man_shrugging:

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Hier noch die Info vom LAVES zur Einzelzulassung von AS/OS/MS (letztere schon älter): https://www.laves.niedersachsen.de/startseite/tiere/bienenkunde/informationsmaterial/einzelzulassungen-fur-neue-varroazide-erfolgt-219284.html

Der Vollständigkeit halber ein aktueller Artikel von Bienenundnatur über die Zulassung vom Hersteller Serumwerke Bad Bernburg
Es kommt wohl darauf an was ein Hersteller im neuen Zulassungsverfahren beantragt bzw auf das Etikett schreibt. Die AS 60 % von Biovet ist offenbar nicht einschlossen und die AS 60% wie sie bisher von den Serumwerken vertrieben wird auch nicht. Es lebe das Etikett!!!

lg
Alexander

Alexander - das ist derselbe Artikel, den ich auch zur Einzelzulassung verlinkt habe

Die bisherigen Präparate haben nur eine Standardzulassung. Unter Katrins Link wird das genauer erklärt:

Bislang gab es für drei Varroazide mit den Wirkstoffen Ameisen-, Milch- und Oxalsäure eine Zulassung nach dem StandZV. Dieses Verfahren gibt es seit dem 28.01.2022 nicht mehr und diese Varroazide wird es in dieser Zulassungsform nach der Übergangsfrist zum 29.01.2027 hin auch nicht mehr geben.

@ Salome

Oh Sorry, ich lese zwar viel, das habe ich aber leider übersehen.

wg der Milchsäure hatte ich vergangenes Jahr bereits die Serumwerke kontaktiert. Da erfuhr ich bereits dass die MS erneut zugelassen wird. Nur die alte muss eben erst verbraucht werden. Irgendwann gibt es dann die neue. Eine neue Zusammensetzung hat sie nicht. Und von neuen Versuchen über die Wirksamkeit und Anwendung weis ich auch nichts. Die Serumwerken machen auch keine neuen eigenen. Ich kenne nur die Versuche aus den 80igern und 90zigern. Darauf beziehen sich auch die Serumwerke. Die Welt muss schließlich nicht neu erfunden werden. Auf dem Etikett werden dann Änderungen zu lesen sein und auf dem Beipackzettel werden ein paar Worte verändert. Für die Sommerbehandlung enfällt das Wort „Ausnahmefälle“.

Für die AS gilt wohl dasselbe. Irgendjemand der gut formulieren kann hat das mit den 60 l Beutenvolumen mit reingepackt und das mit dem Schwammtuch verbunden. Die 60%ige AS der Serumwerke darf dann dafür angewendet werden. Andere 60%ige AS anderer Hersteller nicht. So einfach stellt sich das für mich dar.

lg
Alexander