Gedanken zu Varroa-Behandlungsschwellen

Das Thema mit den Varroa-Behandlungsschwellen treibt mich immer wieder um. Jürgen @JBL geht es offenbar ähnlich:

Wir hatten vergangene Woche auch in einem Mellifera-Seminar mal kurz darüber gesprochen. Ich hatte bei den „offiziellen“ Zahlen der Bieneninstitute zu den Behandlungsschwellen einmal konkret nachgehakt, auf welche Beutenart sich denn die Zahlen bezögen. Die Antwort:

Die von den Bieneninstituten genannten Behandlungsschwellen beziehen sich (in der Regel) auf Zander!

Das bedeutet als Konsequenz, dass in anderen Beutenformen je nach Geometrie ein abweichender Milbenfall stattfinden kann und deshalb die von den Bieneninstituten genannten absoluten Zahlen nur bedingt hilfreich sind.

In meiner Warré-Beute wird das ganz deutlich: Zwischen dem Bienensitz und der Windel befindet sich nicht nur eine Bausperre mit 8 breiten Leisten, sondern auch noch ein Lochblech. Auf beiden Hindernissen bleiben mutmaßlich viele Varroen liegen, die die Windel deshalb nie erreichen und damit die Zahlen ordentlich verfälschen! Mit einem erfahrenen Imker, der ebenfalls solche Warré-Beuten betreibt, hatte ich dazu kürzlich einen guten Austausch. Er schrieb mir u.a. dies (herzlichen Dank für die Freigabe der Ausführungen! :slight_smile: ):

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In allen Beuten, egal ob einstöckig wie Dadant, TBH oder mehrstöckig wie Zander, Warré und viele andere ist die Anzahl der auf dem Schieber landenden und dort verbleibenden Varroa kleiner als der tatsächliche ‚Abfall‘. Man kann nun argumentieren, dass bei einstöckigen Systemen mit großer lichter Weite des Varroagitters mehr (fast alle?) Varroa auf den Schieber gelangen als bei den anderen.
In allen Fällen wird es aber wohl so sein, dass die auf dem Schieber landenden Varroa im Wesentlichen immer der ungefähr gleiche Proporz aller abfallenden Varroa sein werden. Mit anderen Worten, die auf dem Schieber gezählten Varroa sind IMMER ein RELATIVES Maß, aber eines mit dem man arbeiten kann.
Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass

  1. Varroazahlen auf dem Schieber sinnvollerweise nur bei gleichen Beutentypen verglichen werden können.
  2. und dass absolute Angaben wie z.B. ab 5 Varroa pro Tag ist eine Behandlung durchzuführen etc. unsinnig sind. Leider werden diese trotzdem gemacht.

Ich argumentiere daher dafür, dass man nicht die tatsächliche Zahl als Indikator nimmt, sondern das Verhältnis der gezählten Varroa. In diesem Fall spielt es keine Rolle, dass die Zahlen immer nur ein relatives Maß sind (was meiner Ansicht nach unvermeidbar ist). Das relative Maß kann man nun über eine Zeitreihe vergleichen, oder falls man mehrere ‚gleiche‘ Beuten hat auch unter den Beuten. Der letztere Vergleich ist aber immer mit der Unsicherheit behaftet, dass jedes Volk anders ist, also auch unterschiedlich stark und damit mit unterschiedlichen Varroamengen. Insofern ist der Vergleich über die Zeit immer besser und es geht ja eigentlich nur darum einen groben Schätzer zu haben, ob die Lage dramatisch ist oder noch ganz entspannt.

tl;dr

Die auf der Windel oder dem Schieber gezählten Varroen sind immer ein relatives Maß, abhängig von der Beutengeometrie, der Volksstärke und der Zeit. Absolute Angaben sind unsinnig. Die relativen Zahlen geben letztlich eine grobe Einschätzung, ob Handlungsbedarf besteht oder nicht. Der Vergleich wird über die Zeit immer besser.

Bei der Bienenkiste (siehe hier) wie bei der Mellifera-Einraumbeute (siehe Buch S. 115) gehe ich davon aus bzw. hoffe ich, dass die empfohlenen Behandlungsschwellen auf langjährigen Erfahrungen beruhen. Aber die Zahlen der Bieneninstitute 1:1 auf jegliches Beutensystem zu übertragen erscheint mir da nicht sinnvoll zu sein.

Wie seht Ihr das Thema bzw. wie handhabt Ihr es?

Liebe Grüße,
Michael

Edit: Schadschwellen => Behandlungsschwellen (Danke Christian @Sulz)


Siehe auch

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@EmmBee.

Wie ich dir geschrieben habe, hängt eine Beteiligung, an dem Thema ab.

Schreibst du nun von der Schadschwelle, oder von der Behandlungsschwelle?

In meinen Vorträgen, (heute halte ich keine mehr) rede ich von einer Schadschwelle, sowie auch von einer Behandlungsschwelle.

Oder im Klartext:
Die Schadschwelle, gillt für diejenigen, wo ohne Behandlung imkern möchten.

Die Behandlungsschwelle, gillt für diejenigen, wo ihre Völker, gegen die Milbe behandeln/bekämpfen möchten.

Es macht eben schon Sinn, sich darüber im klaren zu sein, ob man nun konsequent Behandeln möchte, oder einen Weg sucht, um eben weniger behandeln zu müssen.

Da kommt es dann schon, zu einer Differenz der Daten.

Lg Sulz…Der die „Klarheit“, vielleicht doch nicht den Anderen überlassen sollte.

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Zumindest, könnte dies dem Verbleib im Forum, einen anderen Sinn geben.

Lg Sulz.

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Ich halte mich für meine Einraumbeuten an die Empfehlungen von Johannes Wirtz und Jürgen Poeplau.
Diese schreiben in Biene und Natur Ausgabe 7
„Wir selbst kamen bei einer Untersuchung von zehn Völkern im Jahr 2019 auf eine etwas geringere Zahl von durchschnittlich 70 Milben im Volk im September. Das wären bei einem Fall von 25 Milben in der Diagnose etwa 1750 Varroen im Volk.“
Vielleicht passt das ja wirklich nur zur Einraumbeute.
Desweitern wird geschrieben „Liegt die Milbenzahl unter der Schadschwelle, kann man getrost auf eine Behandlung verzichten und eventuell sogar erkennen, ob und welche Völker besser mit dem Parasiten
zurechtkommen.“
Ich bin der Überzeugung, dass die Bienen mit einem gewissen Milbendruck zurechtkommen müssen und nur dadurch lernen, diesen zu beherrschen.
Daher behandle ich auch nur, wenn es wirklich ernst wird. Ich habe immernoch die kindliche Hoffnung auf diese Weise meine Bienen in Richtung Varroaressistenz zu führen.
Letzten Winter hatte ich testweise ein Volk mit wenig Milben nicht behandelt und es hat auch jetzt, im September, nach nur einer Ameisensäurebehandlung im Juli, ohne Schwärmen nur 1 Milbe am Tag. (Dieses Jahr scheinen aber auch alle Imker weniger Milben als andere Jahre zu haben)
Ein zweites Volk hatte im Juli einen nat. Milbenfall von 50!!! Milben/Tag, müsste eigentlich so gut wie tot sein.
Habe an diesem das Bannwabenverfahren ausprobiert und nun einen Milbenfall von 4,7V/Tag. Die Volkgröße ist auch wieder gut. Dieses werde ich aber im Winter vermutlich doch behandeln müssen, da es weit entfernt von Varroaresistenz ist.
Ich denke, die Kunst wird sein, die Völker kurz vor der Schadschwelle zu führen und nicht „Immer auf Nummer sicher gehen“.
Sollte ich doch ein Volk verlieren, sehe ich das entspannt. Dann war es das auch nicht Wert. Als Berufsimker sieht man es natürlich anders.

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Guter Punkt, Christian @Sulz. Es geht um die Behandlungsschwellen, d.h. ab wann der Imker nach Vorgabe der Bieneninstitute o.ä. zu behandeln hat. Ich habe es oben korrigiert. Vielen Dank!

Ende September, bist du mit dieser „Kunst“, wohl etwas spät dran…

Wenn du Völker, an der Schadschwelle führen möchtest, dann mach dies eher schon vorher…

Lg Sulz.

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Man sollte die Werte der abfallenden Milben nur als sehr groben Anhalt sehen. Das ist keinesfalls exakte Mathematik. Neben dem Beutentyp ist die Zahl der fallenden Varroen ja auch von der Volksgrösse, dem Entwicklungsstand etc. abhängig. Da kann es keine scharfe Grenze geben.

Richtig gut funktioniert die Windeldiagnose bei starkem Befall im Sommer. Man sieht man dann sehr schnell und einfach, welches Volk Hilfe nötig hat und kann sofort behandeln. Eine Grenze ist da vielleicht 10 Milben am Tag natürlicher Abfall. Dann ist auch egal, ob es 20 oder 50 sind.

Je kleiner die Zahlen werden, desto unsicherer wird das alles. Was aber auch nicht dramatisch ist, wenn man die schweren Fälle schon erkannt hat.

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Da stimme ich Dir absolut zu! Es wird aber leider regelmäßig so dargestellt

Wenn du x Milben zum Zeitpunkt Y findest, musst du gar nicht / zeitnah / sofort behandeln!

und gelehrt, beispielsweise in den landläufigen Imkerkursen oder auch online bei den Honigmachern aka DIB:

Finden Sie im Gemüll weniger als 5 Milben pro Tag, besteht keine akute Gefahr. Finden Sie einen natürlichen Milbenfall von 5-10 Exemplaren pro Tag, so müssen Sie das Volk im Auge behalten. Es kann sich in den nächsten Wochen ein kritischer Befall entwickeln. Finden Sie mehr als 10 Milben pro Tag im Gemüll, so müssen Sie umgehend behandeln.

(Quelle: Die Honigmacher - Beurteilung der Ergebnisse der Befallskontrolle)

Etwas Ähnliches ist in der Schulungsmappe „Grundwissen für Imker“ von bienen&natur nachzulesen: Im Basiswissen Bienengesundheit werden die Völker ebenso hart nach Varroazahlen in 3 Gruppen eingeteilt und danach entweder nicht oder bald oder sofort behandelt (siehe Seite 10-02-03).

Diese vermeintlich (!) „exakte Mathematik“ ist genau das, was mich hier stört. Besonders Anfänger müssen doch glauben, dass es sich quasi um „Naturgesetze“ handelt. Und dann sind diese Schwellwerte womöglich nur für Zander passend…

Da stimme ich auch zu, aber wie soll man es denn sonst darstellen?
Selbst um nur grobe Richtwerte anzugeben, braucht man Zahlen. Oder meinst Du, es ist besser zu sagen: „Bei vielen Milben musst du behandeln, bei wenigen nicht.“? Da ist eine Zahl, die angibt, was ungefähr viel oder wenig ist, schon hilfreich.

Warum müssen sie das? Auch ein Anfänger in der Bienenhaltung kann in der Lage sein, eigene, klare Gedanken zu fassen und einen Richtwert als solchen zu erkennen und von einem Naturgesetz zu unterscheiden. Ein Anfänger ist doch nicht automatisch ein Trottel!

Gruß
Heiner

Wie ich oben ausgeführt hatte, sollte bei den „offiziellen“ Zahlen der Bieneninstitute sehr deutlich gemacht werden, dass sie mit einem ganz bestimmten Beutensystem (Zander) ermittelt wurden, und dass sie nicht notwendigerweise auch 1:1 für andere Systeme (Dadant, Segeberger, Top Bar Hive, Einraumbeute, BienenBox, Bienenkiste usw. usf.) gelten, sondern vielmehr dort gegebenenfalls anders angesetzt werden müssen. Wer nicht darum weiß, hält die Werte möglicherweise für allgemeingültig und behandelt nach diesem Schema entweder zu früh (was noch das geringere Übel wäre) oder eben zu spät, weil man sich noch in Sicherheit wiegt.

Das ist wahr. Schwierig finde ich es jedoch, dies bei allen gleichermaßen vorauszusetzen.

Das habe ich auch nirgendwo behauptet. Dennoch bin ich immer wieder erstaunt, welche Fragen in Imkerkursen, in Imkerforen und selbst im Imkerverein gestellt werden, und zwar sowohl von Anfängern als auch von so genannten „erfahrenen“ Imkern mit x Jahren Bienenhaltung. Bei so einem wichtigen Thema halte ich deshalb jegliche klare Ansage für sinnvoll, weil gerade bei der Varroabehandlung schon genug Fehler zum Schaden unserer Bienen gemacht werden (das ist aber ein anderes Thema).

Was mich aber eigentlich interessiert, @Heiner:

Inwiefern behandelst Du nach den Behandlungsschwellen? Wie handhabst Du das persönlich?

Dem schließe ich mich an!
Bei Varroa-Toleranz denke viele immer sehr in Richtung ›Varroa muss vernichtet werden‹ – durch Chemie oder durch die Bienen …
Soweit ich weiß, kommt die asiatische Biene mit den Milben klar, weil sie regelmäßig schwärmen bzw umziehen, wenn die Milbe zu viel wird. Es ist also nicht irgendein ominöser Putztrieb der die Toleranz erzeugt. Regelmäßiges Schwärmen – auch Heidschwärme – könnte auch zur Lösung führen. Und wenn sich dann mal eine Volk tot schwärmt, dann ist das vielleicht auch mal so, weil die meisten Bienen in neuen Völkern weiterleben.

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Würdet Ihr beide @Climmo und @Cupido bitte mal kurz erläutern, was das bei Euch konkret bedeutet? Also wann wird es bei Euren Bienen ernst bzw. woran macht Ihr das fest, so dass Ihr dann behandelt?

Ein kurzer Einwurf dazu (damit sich der Verlauf nicht zu weit vom eigentl. Thema entfernt):
Der Imkerverein hier bei uns hat vor ca. 2 Jahren Dr. Claudia Häußermann, die im Bereich Varroa-selektive-Hygiene, kurz VSH arbeitet (Landesanstalt für Bienenkinde/Uni Hohenheim), zu einen Vortrag eingeladen. Sie sagte damals, dass nicht nur ein Merkmal bei einem Volk vorhanden sein muss (z.B. Putztrieb), um mit der Varroa zurecht zu kommen, sondern immer mehrere, die sozusagen Hand-in-Hand gehen und erst damit zum Erfolg führen

Die Zahlen haben schon ihren Sinn, einfach weil man ja was nennen muss. Aber man sollte sich klar machen, dass das alles höchst grob ist. Zander oder nicht ist da noch eher ein Randthema.

Als Anfänger ist man mit den Zahlen der Bieneninsitute schon ganz gut bedient. Und später kann man ja selbst entscheiden, ob man etwas anderes macht.

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@EmmBee

Hier geht es dann doch eher zu einer Varroatoleranz/resistenz. Hier arbeitet man mit einer Schadschwelle.

Bei deinem Thema, geht es doch eher um ein konsequentes bekämpfen der Milbe…Du schreibst ja von Behandlungsschwelle.

Die Haubtbehandlung, ende Juli, anf. August (nach der Honigernte) wird dabei so oder so gemacht, unabhängig davon, wie viele Milben fallen.

Anhand des Milbenfalles, wird dann geprüft, ob eine Nachbehandlung im September notwendig ist. Die Restentmilbung, im Nov/Dez, wird dann wiederum gemacht, egal wie viele Milben fallen. Und auch hier, wird nach der Behandlung die Unterlage kontrolliert, ob noch eine Nachbehandlung nötig ist.

Dazu braucht man aber keine differenzierten Daten, zu den verschiedenen Beutensystemen.

Lg Sulz.

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Noch ein Nachtrag.

@Climmo , und @Cupido.

Um über eine Varroatolleranz, oder eine Varroaresistenz (es ist nicht das Gleiche) zu diskutieren, macht es Sinn, ein eigenes Thema zu eröffnen.

Nur soweit vorweg…Die Erklärung mit dem Schwärmen, und der apis cerana, ist soweit, nicht ganz korrekt.

Es liegt schon an euch, ob ihr dieses Thema wählen wollt…Noch gilt in Deutschland die Pflicht, zur Behandlung.

Lg Sulz.

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Hallo Michael @EmmBee,
wie @Sulz schon schreibt, darf man Behandlungsschwelle und Schadschwelle nicht verwechseln.
Ich habe mich ertappt, dass ich diese auch verwechselt habe, denn ich halte mich bei der 2. Sommerbehandlung doch an die Behandlungsschwellen von Mellifera. Allerdings habe ich den Eindruck, dass selbst Mellifera in Ausgabe 7 einmal von Schadschwelle und einmal von Behandlung spricht???
Wie auch Christian schreibt, ist die erste Behandlung sowieso für mich Pflicht, vor dieser habe ich meist auch die Schadschwellen weit überschritten.
Ich denke, wenn man sich bei der Einraumbeute oder der Bienenkiste strikt an die Behandlungsschwellen (von Mellifera) hält passt das schon.

Konkret heist das für mich persönlich zur Zeit, ab 10V/Tag wird es ernst.

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Hallo EmmBee,

ich persönlich orientiere mich seit 2015 an den Zahlen des Bieneninstituts Kirchhain zur Befallsmessung mit Puderzucker von 07/2011.

Damit habe ich bisher sehr gute Erfahrungen gemacht. Ich habe übrigens Bienenkisten, und obwohl die Richtwerte, wie Du schreibst, für Zander entwickelt wurden (ich weiß nicht, ob das stimmt), scheinen sie auch für mich gute Anhaltspunkte zu sein.
Ich bin jedoch überzeugt, dass man auch mit abweichenden Richtwerten(!) aus anderen Quellen erfolgreich Bienen halten kann.
Daher halte ich diese Diskussion eher für verwirrend als hilfreich.

Gruß
Heiner

mir ging es ebenfalls so, bin deshalb ziemlich dankbar für den Input hier in diesem Beitrag

wie eben erwähnt - für mich war es hilfreich

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Hallo Salome,

machst Du jetzt etwas anders als zuvor?
Oder nennst Du nur den Richtwert anders?

Gruß
Heiner

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