Ökoboden & Mikroorganismen

Ich habe den Artikel von Josef Witzani zum Ökoboden in der Einraumbeute gelesen. Das klingt super spannend. Vielleicht kann mir jemand über die Erfolge bei der Ansiedelung von Mikroorganismen und dem Bücherskorpion berichten. Wie lange dauert so was und welche Bedingungen müssen gegeben sein? Ich habe dazu nichts im www gefunden und ich würde mich sehr über einen persönlichen Austausch freuen.

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ich habe keine Einraumbeute sondern Bienenkugeln. Das System des geschlossenen Bodens und dem Mikroklima ist aber ähnlich. In der Bienenkugel haben wir eine sogenannte Habitatschublade in die Totholz gegeben wird. Die Bienen zerschreddern es und wälzen sich dort wie die Schweinchen. Warum ist noch nicht erforscht. Teilweise überziehen die Bienen die Holzstücke auch mit Propolis. In die Kerben des Totholzes können Bücherskorpione Habitate bilden. Wenn es den Bücherskorpionen dort gefällt, paaren sie sich und bleiben. Wenn nicht nutzen sie die Phoresie und verpfeifen sich (klammern sich an Bienenbeinchen und lassen sich per Lufttaxi woanders hinfliegen). so der Plan :nerd_face:

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Die Zeitspanne zum Aufbau von einem gut funktionierendem Mikroklima können bis zu 5 Jahre dauern!

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das klingt ja sehr interessant - die Schublade ist also herausnehmbar? Die Bienenkugel interessiert mich übrigens sehr, werde mich mal mehr informieren. Sie wirkt recht klein, oder?

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ja, die Schublade kann von unten abgenommen werden, zum neu befüllen, kontrolliern etc. Im Gegensatz zur Einraumbeute ist sie tatsächlich klein.

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Moin Jana,die Idee den Bücherskorpion zurück in die Beuten zu holen, ist eher für die Seele des Imkers. Warum? Die Skorpione kann man zwar in die Beuten hineingeben, bleiben tun sie aber nur, wenn Ihnen das Mikroklima gefällt. Ansonsten nutzen sie die Phoresie, sie klammern sich an Bienenbeine und nutzen diese als Taxi um umzuziehen. Ausserdem ist die Vermehrungsrate der Skorpione recht langsam. Von Brut bis Erwachsen vergeht fast ein ganzes Jahr. Ich habe vereinzelte Bücherskorpione schon gehabt, eingesetzt und beobachtet. Aber es handelte sich nur um einige wenige. Torben Schiffer hat einmal berechnet, das ein Volk 250 Skorpione benötigen würde um die Varroen beseitigen zu können, langfristig. Also gibt es zwei Grundprobleme, 1. ein Skorpion geeignetes Habitat zu schaffen, zweitens auf die benötigte Stückzahl zu kommen.

Die Frage wäre auch, inwieweit die Skorpione überhaupt in der Nähe der Varroen, die auf den Bienen und in den Zellen sitzen, kommen. Ich würde eher annehmen, dass die Skorpione überwiegend unten in ihrem Habitat bleiben und sich nur mit dem befassen, was herunterfällt. Oder gibt es da andere Erkenntnisse, dass sie mehr oder weniger gezielt über Waben wandern?

Genau, das bringt uns zurück zu @Janasworld’s Ausgangsfrage:

Das würde mich auch interessieren!

Moin Jana, Du kannst Bücherskorpione ansiedeln wenn Du mit Holz-oder Strohbeuten imkerst die einen geschlossenen Beutenboden haben. Bei Holzbeuten müssen Rückzugsmöglichkeiten, Löcher im Holz für den Skorpion vorhanden sein. Löcher und Spalten wo gebrütet werden kann ohne das die Bienen diese Löcher mit Propolis verschließen. Von daher eignet sich eine Strohbeute noch besser als eine Holzbeute. Die Skorpione sind Lichtflüchter, jedesmal wenn Du die Beute öffnest verschwinden die Skorpione in den Spalten. Die Skorpione ernähren sich von den winzigen Insekten (z.B. Springschwänzen)die sich dann-hoffentlich-auch in den Beuten ansiedeln. Das Mikroklima baut sich langsam auf, ich würde sagen ein Jahr braucht es bestimmt. Die Bienen müssen erstmal eine ganze Menge fallen lassen.

Meines Erachtens gibt es keine gesicherte Erkenntnis, das die Bücherskorpione auch Varroen von Bienen herunterfangen. Die Bienen sind den Skorpionen in der Regel zu schnell und hektisch.

Du kannst gerne mal auf die Seite von Roland Sachs aus Köln gehen. Er beschäfftigt sich mit den Bücherskorpionen und hat sich viele Gedanken um funktionierende Habitate gemacht, ausserdem ist er ein sehr netter Mensch der auch Antworten gibt:)

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Das ist auch mein Kenntnisstand bzw. meine Vermutung. Demnach würden aber auch 250 Bücherskorpione keine substanzielle Verminderung der Varroenzahl erreichen können, was aber offenbar angenommen wird.

Ich kenne die Seite schon, besten Dank! Gut, dass Du sie jetzt hier als Diskussionsbeitrag mit aufführst. :+1:t2:

Das ist ja gar nicht notwendig. Es reicht doch aus, wenn die Bücherskorpione Varroen aus den Brutzellen fressen. Es ist aber fraglich, ob die Zeit zwischen Einwanderung der Varroa in die Brut und Verdeckelung dafür überhaupt ausreicht. Das war jetzt nur ein Gedanke von mir ohne näheres Wissen.

Treiben die sich überhaupt auf den Waben rum oder eher auf dem Boden und in den Spalten?

Berechtigte Frage! :wink:

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laut Aussagen von Roland Sachs, laufen sie auch auf den Waben

Ja, das stimmt. Ich habe auf seinen Seiten gestöbert und auf der Seite

https://chelifer.de/buecherskorpione/

finden sich u.a. folgende Passagen:

und auch

Das in fett Markierte ist für mich der springende Punkt. Dass der Bücherskorpion ein Nützling in der Bienenbeute ist, ist vollkommen unstrittig. Aber dass er signifikant die Anzahl der Varroen vermindert, ist leider offenbar nach wie vor unbelegt, es sei denn, jemand kann dazu eine Quelle nennen. Bis dahin bleibt der Bücherskorpion aus meiner Sicht immerhin ein Indikator für ein gutes Mikroklima (bzw. eine nützliche Mikrofauna). Ich vermute mal, dass das auch eines von @Janasworld’s Zielen ist. Was meinst Du denn dazu, Jana?

Ich habe interessiert mitgelesen. Vielen Dank für die Infos und Links, ich werde mich dort auch einlesen.
Mein Ziel war es ursprünglich, eine natürliche Lösung gegen die Varoamilbe zu finden und möglichst auf Gift zu verzichten. Meine Imkerpatin hat bisher gute Erfahrungen gemacht, ausschliesslich mit Ameisensäure zu behandeln und alles andere wegzulassen.

Mir ist aber bewusst, dass der Bücherskorpion aktuell keine wirkliche Hilfe ist, wenn man ca 200-300 Tiere benötigt und im Handel ein Tier ca 10 Eur kostet… Ich habe mit einem Verkäufer geschrieben und war schockiert, dass er nichts zu dem Thema wusste und mich sogar mit Falschaussagen abspeisen wollte und mich zu einem schnellen Kauf drängte. Ich hoffe, das nicht viele Imker darauf hereinfallen, nur weil sie glauben, 10 Tiere reichen. Zumal sie sich schwer ansiedeln lassen und sich noch schwieriger vermehren.

Trotzdem finde ich das Thema sehr interessant und vll. gibt es in naher Zukunft mehr Untersuchungen und Ergebnisse dazu.
Ich hatte ursprünglich gehofft, hier im Forum Imker zu finden, die Erfahrungen mit dem Bücherskorpion gesammelt haben.

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Bei Mellifera gibt es auch einen Beitrag (samt Video) zum Bücherskorpion:

Im Kampf gegen die Varroamilbe wird nach jedem Strohhalm gegriffen. Dazu gehört auch der Bücherskorpion (Chelifer cancroides). Dieser Jäger lauert Staub- und Bücherläusen, aber auch Hausstaubmilben auf. Und nicht zuletzt treffen ihn ImkerInnen an, deren Beuten Ritze und Spalten aufweisen. Eindrückliche Videoaufnahmen zeigen, wie der Pseudoskorpion auch Varroamilben auf der dem Schieber oder Beutenboden jagt und aussaugt.
Zu glauben, dass er als ein effektives Mittel zur Bekämpfung der Milben im Bienenstock verwendet werden kann, erscheint jedoch aus verschiedenen Gründen abwegig. Selbst unter für ihn guten Bedingungen gibt es in einem Bienenkasten immer nur wenige Exemplare. Um eine Milbe zu erlegen, benötigt er dreißig bis sechzig Minuten; seine Entwicklung aus dem Ei zum adulten Tier dauert mehrere Wochen; für Häutung, Eiablage und Überwinterung zieht er sich immer wieder zurück.
Dass Bücherskorpione als Untermieter im Bienenstock leben, ist “lange bekannt”:
http://de.wikipedia.org/wiki/Bücherskorpion.
Eindrückliche Videoaufnahmen aus jüngerer Zeit zeigen nun erstmals, wie der Pseudoskorpion Varroamilben auf der dem Schieber oder Beutenboden jagt und aussaugt. Aber er wurde noch nie auf einer Biene beobachtet oder gar in Brutzellen der Bienen, wo sich während eines großen Teiles der Bienensaison 75% der Varroamilben zu Vermehrung aufhalten. Er findet zudem reichlich Nahrung im Bienenvolk, wie z.B. Wachsmottenlarven, Bienenläuse und Pollenmilben. Es ist kaum anzunehmen, dass er sich bevorzugt auf die Jagd nach schwer zu fangenden lebenden Varroamilben macht, so lange er auch einfacher an Nahrung kommt. Der Bücherskorpion ist trotzdem wichtig. Er ist ein Indikator für ein gesundes Stockklima, das auch anderen Mitbewohnern ein Überleben garantiert. Er ist in der Beute, was der bunte Schmetterling in der Landschaft ist: Ein auffälliges Zeichen für eine intakte Lebensgemeinschaft, deren Vielfalt sich unserer Aufmerksamkeit entzieht.

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Dazu gibt es jetzt ein aktuellen Fachbericht des Deutschen Bienenjournals von Dr. Sebastian Spiewok (6.9.2021):

Kann der Bücherskorpion zur Bekämpfung des Varroabefalls eingesetzt werden, wie es dessen Verfechter und Promoter Torben Schiffer behauptet? Wir haben die Datenlage überprüft.

Fazit zum Bücherskorpion

Die Nester aller sozialen Insekten sind kleine Ökosysteme. Die Erforschung der Pseudoskorpione und anderer Mitbewohner von Bienennestern ist somit ein spannendes Thema, das auch für Imkerinnen und Imker interessant ist. Es gibt bislang allerdings keinen Beleg dafür, dass Bücherskorpione den Varroabefall in Bienenvölkern signifikant verringern – und zwar unabhängig davon, in welcher Behausung die Bienen untergebracht sind. Entsprechende Behauptungen sind daher schlicht unseriös. Angesichts der generalistischen Lebensweise des Bücherskorpions erscheint ein solcher Effekt zudem eher unwahrscheinlich.

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Die Varroa bei der Apis Mellifera ist unnatürlich!
Ausbügeln können das nur die Bienen und die Milben untereinander.
Behandlungsmaßnahmen erzeugen weitere Beeinträchtigungen aus natürlicher Sicht.
Bücherskorpion:
Evolutionsmäßig könnte sich über 10/100/1000 Jahre eine Anpassung des BSkorpions und/oder anderer Kleinstlebewesen im Bienenstock an die gute und dauerhafte Nahrungsquelle (VMilbe) ergeben.
Zum Beispiel durch eine hohe Population an BSkorpienen. Diese „Evolution“ wird aber auch wieder andere „Evolutionen“ erzeugen …
Das ist alles ganz normal, Ursache und Wirkung.
Die Natur arbeitet langfristig, dauerhaft und beständig, der Mensch behauptet (zu) langsam.
Die Menschheit bringt kurzfristig massive Ursachen in die Natur ein.
Dadurch entstehen kurzfristig gravierende Auswirkungen in der Natur.
Die Natur versucht das natürlich zu kompensieren/zu nutzen - „langsam“ …
Ein schweizer Freund und Bienenhalter hat mir mal geschrieben:
„Es ist nicht die Frage ob der Mensch aufschlägt.
Es ist nur die Frage wann und wie hart …“

Rolf