Ansichten zur "wesensgemäßen und bienengemäßen" Varroabehandlung

Hallo zusammen,

So ist es, denn mir scheint, dass immer noch Unklarheit darüber herrscht, was „wesensgemäß“ im Zusammenhang mit Bienenhaltung meint, die in ihrem Wollen über eine rein „artgemäße“ Haltung hinausgeht:

Wir wollen mit den Bienen und der Natur in Beziehung sein, empfinden uns als Teil dieser Natur und nicht als außen stehend oder als „Gegenstück“. Die komplexen Zusammenhänge versuchen wir immer tiefer zu verstehen und unser Handeln danach auszurichten (nicht nur bezogen auf die Bienen, sondern unsere gesamte Lebensführung).

Wir wollen die lange gemeinsame Kulturgeschichte der Bienen und Menschen pflegen und mit den Bienen in unserer Obhut respektvoll umgehen. Dazu gehört auch, sie bei Krankheit zu pflegen oder bei Hunger mit Nahrung zu versorgen. Vor diesem Hintergrund empfinde ich eine wohl überlegte und angemessene Varroabehandlung durchaus als wesensgemäß.

Hier empfehle ich auch Erhards klar reflektierter Begriffsklärung, mit der er sein Buch Wesensgemäße Bienenhaltung in der Bienenkiste einleitet, und die - dank der freundlichen Genehmigung des Pala Verlags - auch hier verlinkt ist: https://www.mellifera.de/initiativen/wesensgemaesse-bienenhaltung/einfuehrung-in-die-wesensgemaesse-bienenhaltung/

In der Oktober-Ausgabe 2021 (S. 26) der Schweizerischen Bienenzeitung ist auch ein Artikel von Martin Dettli und Johannes Wirz erschienen, der die Begrifflichkeiten reflektiert: Artgerecht und wesensgemäss – was ist der Unterschied?

Mein Gefühl ist, dass es hier tatsächlich auf sehr viel Erfahrung und ganz genaues Hinschauen ankommt, um Beobachtungen an den Bienen richtig zu interpretieren. Norbert Poeplau und Johannes Wirz haben in ihrem Buch Imkern mit der Einraumbeute beschrieben, welche Verhaltensweisen von Bienen Wissenschaftler für relevant halten, auf dem Weg zu einer Koexistenz der Bienen und Milben (auch weiter oben im Thread wird darauf schon eingegangen, z. B. in dem von @hobby-imker verlinkten Artikel von Sigrun Mittl).

Aber wie deuten wir nun, was wir sehen?

Deutet ein lückiges Brutnest auf eine Brutkrankheit oder eine versehrte Königin hin oder haben wir ein Volk vor uns, was von Milben befallene Brut ausräumt (Varroa-Sensitive-Hygiene)?

Deuten viele Milben auf der Unterlage auf einen sehr hohen Befall hin oder darauf, dass sich die Bienen die Milben besonders erfolgreich gegenseitig abputzen (grooming)?

Öffnen Bienen Brutzellen besonders häufig und schließen sie dann wieder, und schaffen es auf diese Weise, die Entwicklung der Milben darin zu stören? Oder setzen sie sogar Stoffe ein, um die Eiablage der Milben zu verzögern? Wie erkennen wir das?

Der Behandlung stimme ich zu, die Umweiselung überlasse ich persönlich den Bienen, die das bei mir zu den ungewöhnlichsten Zeitpunkten selbst tun, so dass ich großes Vertrauen in diese Fähigkeit setze. Auch im Zusammenhang damit, dass bei der Paarung jeweils die fittesten Drohnen zum Zuge kommen.

Das stimmt, @Cupido, aber mit welchen Bienen? Ich schätze dich persönlich als sehr gewissenhaften Bienenhalter ein. Doch insgesamt graust es mir vor der Idee, Völker unbehandelt sterben zu lassen, um sich dann im Frühjahr wieder neue Schwärme zu fangen oder Völker zu kaufen, die dann wieder über die Klinge springen müssen.

Kurz: Wir (bei Mellifera) plädieren dafür, dass alle Entscheidungen für oder gegen (Be-)Handlungen an den Bienen aus einer verantwortungsvollen Haltung und mit ganzheitlichem Blick getroffen werden.

Mit herzlichem Gruß euch allen und euren Bienen

Katrin

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