Bienen und Pflanzenschutz

Aus aktuellem Anlass[1] setze ich mich gerade mit der Thematik des Pflanzenschutzes auseinander. Nicht nur wegen der eigenen Honigbienen, sondern auch wegen der bemerkenswerten Fauna an Insekten (insbesondere zahlreicher Wildbienenarten) und Vögeln im eigenen Garten will ich nicht unreflektiert mit der chemischen Keule zuschlagen, zu der mir von mehreren Seiten leider geraten wurde. Bevorzugen würde ich eine biologische Lösung.

Nun gibt es im Handel Pflanzenschutzmittel (PSM), die als „nicht bienengefährlich“ beworben werden. Hinterfragt man aber diesen Begriff, kommen doch ein paar Zweifel auf. Zunächst werden die PSM in so genannte „Bienengefährdungsstufen“ [2] eingruppiert. „B4 nicht bienengefährlich“ ist da die beste für uns Bienenmenschen.

Wie gelangen nun die einzelnen PSM in die jeweiligen Stufen? In einem Imkerseminar hörte ich einmal die Aussage, dass PSM bereits dann als bienenverträglich deklariert werden dürfen, wenn man im Tierversuch eine Anzahl Bienen dem Mittel aussetzt und nach einem Zeitraum x immer noch mindestens 50 % der Bienen leben würden. Das klingt für mich nicht wirklich ungefährlich und finde dies als Maß auch ungeheuerlich. Dennoch scheint LD50[3] (also die Hälfte überlebt) tatsächlich die gängige Praxis[4] zu sein. Irritierend ist auch die folgende Aussage auf der verlinkten Seite des Julius-Kühn-Instituts:

Manche Insektizide verursachen „subletale Effekte" wie Orientierungsstörungen oder haben brutschädigende Eigenschaften, die unter Laborbedingungen nicht messbar sind. Sie müssen daher in Praxisversuchen geprüft werden – auch dann, wenn anhand der LD50 von einer geringen akuten Giftigkeit auszugehen ist.

Das klingt für mich danach, dass es sein könnte, dass auch bei den als „nicht bienengefährlich“ deklarierten PSM nicht alle Auswirkungen untersucht worden sind. Oder wurden sie tatsächlich ausdrücklich im Praxisversuch geprüft, bevor das Label „nicht bienengefährlich“ verwendet werden darf?

So, nun habe ich bestimmt genug schlechte Laune mit Euch geteilt. Ich freue mich jetzt auf Eure Gedanken, Anmerkungen und womöglich sogar praktische Tipps zu diesem Thema.

Liebe Grüße,
Michael

P. S.: Ich weiß, dass die Natur nicht zwischen „Nützling“ und „Schädling“ unterscheidet. Das tut nur der Mensch, also ich. :wink:


  1. Der Anlass ist: 2 ca. 20 m lange Buchenhecken, die den Garten einfrieden, sowie weitere Pflanzen des Gartens sind von der Weißen Fliege (= Mottenschildläuse) befallen. Im Gegensatz zu früheren Jahren sind die Hecken derzeit sehr „löchrig“, weil größere Bereiche an jungen Blättern verkrüppelt oder gar ganz abgefressen bzw. abgefallen sind. ↩︎

  2. https://de.wikipedia.org/wiki/Bienengefährdungsstufe ↩︎

  3. https://de.wikipedia.org/wiki/Letale_Dosis ↩︎

  4. https://bienenuntersuchung.julius-kuehn.de/index.php?menuid=84 ↩︎

Hallo Michael, ich verzichte in meinem Garten grundsätzlich auf die Verwendung von chemischen Pflanzenschutzmitteln.

Aus meiner Sicht bringen diese das natürliche Gleichgewicht aus der Balance.

Wenn ein „Schädling“ sich überproportinal verbreitet, dann sollte in Folge auch die Zahl seiner natürlichen Feinde entsprechend größer werden.

Man braucht natürlich Geduld, Zuversicht und Durchhaltevermögen um zwischenzeitliche Folgen der rasanten Vermehrung mancher Arten emotional zu verkraften.

Nachdem ich aber kein Landwirt bin und von den Erträgen meines Gartens nicht leben muss, kann ich mir diesen „Luxus“ an Gelassenheit aber leisten, mit der Hoffnung in der Folge ein gesundes und gut ausbalanciertes Ökosystem vor der Haustür zu haben.

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Danke, Hartmuth @Naturfreund!

Den Anspruch habe ich auch. Eine Landschaftsgärtnerin empfahl mir u.a. folgende biologische Maßnahme:

Rapsöl-Mischung

1 Teil Rapsöl
3 Teile Wasser
die Hecke mehrfach alle 2-3 Tage besprühen (vorher eine Testung an einer Pflanze durchführen!)

Hat eventuell damit jemand Erfahrungen?

Das ist in unserem Fall eine gewisse Herausforderung, weil der natürliche Sichtschutz zu beiden Seiten (öffentliches Gelände + Nachbargrundstück) ziemlich unter dem Läusebefall gelitten hat.

Gleich hinter einer der beiden Hecken ist leider bereits Schluss mit einem solchen sehr wünschenswerten Mikro-Ökosystem. Der Nachbar verwendet nämlich eines der genannten „nicht bienengefährlichen“ PSM… Deshalb versuchen wir wenigstens auf unserer Seite möglichst ökologisch zu handeln. Mit Sicherheit sehr zu des Nachbarn Leidwesen. :wink:

Also frei nach Schiller:

»Es kann der Frömmste nicht im Frieden bleiben, wenn es dem bösen Nachbar nicht gefällt.«

Oder gemäß einer Regierungserklärung des österreichischen Altbundeskanzlers Fred Sinowatz vom 31. Mai 1983:

„Ich weiß schon, meine Damen und Herren, das alles ist sehr kompliziert so wie diese Welt, in der wir leben und handeln, und die Gesellschaft, in der wir uns entfalten wollen. Haben wir daher den Mut, mehr als bisher auf diese Kompliziertheit hinzuweisen; zuzu­geben, daß es perfekte Lösungen für alles und für jeden in einer pluralistischen Demokratie gar nicht geben kann.“

Kompliziert ist (macht) die Welt (Natur) nur für den Menschen.
Die Meisen unterscheiden nicht nach „Schädling/Nützling“, dem Begriff des Menschen.
Rapsöl unterscheidet auch nicht nach Schädling oder Nützling.

Hallo Michael, ich benutze in meinem naturnahen Garten ebenfalls keine Gifte, gegen Blattläuse spritzen wir mit Neemöl: Neemöl » Wirkung, Anwendung und Kaufempfehlung (neemoel.info)
und hier:
Neemöl: Anwendung und Wirkung gegen Schädlinge und für die Haut (nachhaltigleben.ch)
Bei uns hat das immer gut geholfen!
LG mani

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ich könnte mir vorstellen, dass man zu PSM Infos bei der Aurelia-Stiftung bekommt.

Zu deinem Rezept

Ich vermute, dass das evtl. eine ähnliche Wirkung haben soll, wie die Mittel, die man gegen Kopfläuse verwendet - das enthaltene Silikon verstopft die Atemöffnungen der Läuse (manche verwenden dafür auch Kokosöl).

Wir haben früher gegen Blattläuse manchmal Wasser mit Schmierseife gemischt. Inzwischen machen wir das nicht mehr, lohnt sich nicht bei den vielen Läusen. Wir warten jetzt einfach, bis sie von alleine verschwinden. Unser Holunder (ca. 8-10 m hoch) hat derart viele Läuse, da kämen wir nie hinterher. Unsere Nachbarn schimpfen auch schon, weil alles klebt (bei uns auch, aber nach ein paar Mal regnen, ist ja auch wieder alles weg)

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Die Aussagen zu den Testverfahren sind i.d.R. sehr dürftig und oft irritierend.
Bei den Praxistests wird ermittelt, bei welcher Konzentration die Schwelle von (z.B.) 50% Mortalität erreicht wird. Diese Konzentration ist wesentlich höher als die dann erlaubte und als „ungefährlich“ eingestufte.
Darauf hinzuweisen, dass trotz Labor und Tests niemals alle möglichen Schädigungen ermittelt werden können, ist einfach nur realistisch.

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